Bergmännisches Brauchtum

Tradition und Brauchtum spielen an der Montanuniversität eine große Rolle. Auch heute noch ist dies der Fall, denn die Montanuniversität, wie auch die 10 Korporationen in Leoben haben erkannt, dass die alten bergmännischen Traditionen und Bräuche es wert sind, am Leben erhalten und gelebt zu werden. Diese Traditionen und Bräuche leisten ihren Beitrag zur großen Leobner Familie, den Studierenden, Professoren sowie Korporierten (= Angehörige der ansässigen studentischen Verbindungen). Durch diese Traditionen und Bräuche wirkt er lebendig, der vielbeschworene Leobener Geist, und es ist immer wieder erfreulich und herzerwärmend, zum Ledersprung nach Leoben zu reisen, alte Bekannte und gute Freunde wiederzutreffen, das ein oder andere Bier zu leeren und einfach in den guten alten Zeiten zu schwelgen. Hier sollst nun auch du, als Interessierter, in die montanistischen Sitten und Gepflogenheiten eingeführt werden, vorstellen wollen wir dir kurz und bündig

  • die Heilige Barbara, Schutzpatronin der Bergleute
  • den Ledersprung - das studentische Großereignis in Leoben
  • den Bierauszug - die Verabschiedung in die großen Ferien
  • und die Philistrierung - der erfolgreiche Abschluss des Studiums

(Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer gleichermaßen auf weibliche und männliche Personen. Auf eine Doppelnennung und gegenderte Bezeichnungen wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.)

Die heilige Barbara - die Schutzpatronin der Bergleute

Barbara lebte - der Legende nach - im 3. Jhd. nach Christus, in Nikodemia, der Hauptstadt der römischen Provinz Bithynien in Kleinasien. Ihr Vater war ein reicher Mann, er ließ sie in Wissenschaft und Kunst bestens unterrichten und versuchte, ihren Glauben an die römisch-griechischen Gottheiten zu festigen. Doch Barbara - ohne das Wissen ihres Vaters - lernte das Christentum kennen und ließ sich taufen. Zur damaligen Zeit wurden Christen jedoch blutig verfolgt, sie waren die "Feinde" des Staates und sollte man der Angehörigkeit zum Christentum überführt werden (und dazu gehörte nicht viel...) so erwarteten einen die schwersten Strafen. Der Vater - als er es erfuhr - war von maßlosem Zorn ergriffen und lieferte sein einziges Kind an den römischen Prokonsul aus, welcher die oberste Gerichtsgewalt innehatte. Barbara sollte durch gutes Zureden von ihrem Glauben abgebracht werden, doch sie verweigerte, und wurde ins Gefängnis geworfen.

Ihre Wunden heilten durch die Kraft des Glaubens. Da sich Barbara auch weiterhin weigerte, dem Christentum abzuschwören, wurde sie aufs Gräulichste verstümmelt und zum Tode durch das Schwert verurteilt. Freudig, als Opfer ihrer heiligen Überzeugung, trat Barbara den Weg zur Richtstätte an, verklärt von der Begeisterung für den Glauben. Ihr letzter Wunsch soll es gewesen sein, es möge Gott durch sie all denen beistehen, welche unvorbereitet einem plötzlichen Tode gegenüberstehen. Der Vater enthauptete seine Tochter selbst, ein aufziehendes Unwetter erschlug ihn - als Rache - unmittelbar danach mit einem Blitz. Vom 18. Jahrhundert an wurde Barbara die Patronin der Bergleute, der Glöckner, der Architekten, der Artilleristen und Gefangenen. In (fast) jedem Tunnel findet sich ein Abbild der hl. Barbara!

Sie wird jährlich am 4. Dezember gefeiert, in Leoben besitzt dieses Datum auch heute noch besondere Bedeutung!

Der Ledersprung - das studentische Großereignis in Leoben...

Der Ledersprung ist ein alter Brauch, der nur mehr in wenigen Städten derart gelebt wird, wie dies in Leoben der Fall ist. Den Mittelpunkt, die tiefe Bedeutung, spielt der Sprung über das Bergmannsleder, auch Arschleder genannt. In früheren Zeiten war das Arschleder das Werkzeug, mit welchem der Bergmann in die Tiefe der Schächte rutschte um in mühsamer Arbeit dem Berg seine Schätze zu entreißen. Von einem kleinen Holzfass springt der Student, mit beiden Beinen und voll Entschlossenheit in seinen neuen Stand, den Berufsstand des Montanisten. Auch heute noch wird der Ledersprung begangen, lebendiges Brauchtum, lebendige Tradition. Ursprung dieses Brauchs ist Schemnitz, mit der Zeit gelangte der Ledersprung auch nach Leoben.

Heute findet der akademische Ledersprung in der Donawitzer Sporthalle statt. Dort, wo sonst die Handballspieler Leobens ihr Können beweisen, sitzen die Angehörigen der Leobener Korporationen und Gäste, vorne, etwas erhöht, Magnifizenz und Professoren sowie die Chargierten der Leobener Korporationen. Veranstaltet wird dieser von den Leobener Korporationen, gemeinsam mit der Montanuniversität. In abwechselnder Reihenfolge - nach Gründungsdatum - wird von einer Korporation die Patronanz übernommen. Am letzten Freitag vor dem 4. Dezember findet dann der Ledersprung statt, jedes Jahr. Haben die Gäste einmal Platz genommen ziehen Chargierte sowie Professoren in die Oberlandhalle und begehen den ersten Teil des Kommerses, ein Ausdruck für eine festliche Veranstaltung mit gewissen Regeln. Ein, zwei Lieder werden gesungen, dann wird es Zeit, dass die jungen Studentinnen und Studenten, die über das Leder springen werden, in die Halle einziehen - unter großem Getöse nehmen sie ihre Plätze in der Mitte der Halle ein. 

Dann der Höhepunkt des Abends, der Sprung über das Arschleder! Der junge Student steigt auf ein kleines Fass, beantwortet 4 Fragen nach dem Namen, der Herkunft, des Standes sowie des Wahlspruchs, leert ein Bier auf einen Zug und springt über das Leder, welches vom Rektor der Montanuniversität und vom ältesten, anwesenden Bergmann gehalten wird. Der Kommers nimmt seinen Lauf, es wird gesprochen, gesungen, getrunken und gefeiert. Alt und Jung, Damen und Herren, Burschen und Mädls. Hat der Kommers sein Ende genommen, ziehen die einzelnen Verbindungen mit ihren Gästen auf ihre Häuser und feiern, so lange es eben geht. Der Ledersprung, ein wertvolles Relikt, den Leobener Geist beschwörend, den Zusammenhalt stärkend, eine Veranstaltung, die man einmal im Leben besucht haben muss.

Der Bierauszug - die Studenten werden in die großen Ferien verabschiedet...

Auch der Bierauszug hat sich über lange Jahre in Leoben erhalten. Zum Schluss des Sommersemesters, Ende Juni, treffen sich die Studentinnen und Studenten ein letztes Mal, bevor sie sich in die Sommerferien, die vorlesungsfreie Zeit, verabschieden. Ursprünglich war es denn so, dass die Studenten, um Praxis zu erlangen und sich das Leben finanzieren zu können, während der Sommerferien in Betrieben arbeiten mussten, in welchen noch viel mit der Hand erledigt wurde. Man kann es sich vorstellen, da bleibt nicht viel Zeit zum Trinken, daher dürfte auch der Name "Bierauszug" rühren, drei Monate nichts zu trinken, also kein Bier, beinahe unvorstellbar. Vor dem alten Portal der Montanuniversität werden die Studierenden durch den Rektor und die anwesenden Professoren verabschiedet. Sie stehen in Gruppen, eingeteilt nach Studienfortschritt im 2., im 4., im 6., im 8., im 10. Semester. Eigene Gruppen bilden die Auszügler, die ihr Studium abgeschlossen haben und Leoben verlassen, und eines wiederum die Verbummelten, diese Gruppe ist auch meistens die Größte. Weil eh schon egal.

Im Anschluss an diese Verabschiedung durch seine Magnifizenz, den Rektor der Montanuniversität zieht der Tross weiter zum Veranstaltungsort, an welchen in angenehmer Atmosphäre eine Art Kneipe abgehalten wird. Studierende und Professoren feiern das Ende des Semesters, ein Stück Tradition, welches das in Leoben herrschende spezielle Verhältnis zwischen Universität, seinen Studierenden und den in Leoben ansässigen Korporationen widerspiegelt.

Die Philistrierung - der erfolgreiche Abschluß des Studiums wird gefeiert...

Auch die Philistrierung ist ein lebendiges Stück bergmännische Tradition. Vor allem die verschiedenen Korporationen, allen voran das akademische Corps Montania, setzen sich dafür ein, auch dieses Stück Brauchtum aufrecht zu erhalten. Dabei geht es um ein spezielles "Ritual", in welchem der Philistrant, also jener, der sein Studium erfolgreich mit dem Titel Diplom-Ingenieur mont. abgeschlossen hat, sein abgeschlossenes Studium feiert. Auf dem Corpshaus wird begonnen, von dort aus wird in einem Fackelzug, der Philistrant sitzt üblicherweise in einer Kutsche, zum Hauptportal der Universität gezogen. Dort ist die sogenannte Schlagtafel angebracht, auch damit hat es etwas auf sich. Der Philistrant hat sich nun auf die Schultern zweier Freunde zu setzen und vier Fragen zu beantworten - seinen Berufsstand, seinen Namen, seine Herkunft und wie viele Semester er denn zähle, also wie lange er denn studiert habe, im Anschluss daran leert er ein Bier auf einen Zug. So viele Semester er zählt, so oft wird er nun von einem Dritten mit dem Rücken gegen die am Portal angebrachte Schlagtafel "gedonnert", ein anstrengendes Prozedere, das aber nur so scheint, als sei es schmerzhaft.

Nach dem Lied "Gaudeamus Igitur" zu Ehren des Philistranten sowie der Universität bewegt sich der Zug weiter Richtung Hauptplatz, zum Bergmannsbrunnen, dort steigt der Philistrant auf den Brunnen, hält seine "Abschiedsrede" an die Universität, sein Corps und seine Freunde und darf zum Abschluss die Statue, die die hl. Barbara repräsentiert, küssen. Danach geht es wieder auf das Corpshaus, gefeiert wird bis in die Früh, bzw. so lange eben jeder kann...
 

Du willst mehr wissen? Du willst bei einer dieser Veranstaltungen unser Gast sein? Kein Problem - kontaktiere uns! Hier geht es zum Kontaktformular!